Méthodes mises en oeuvre
Die Arbeit beschäftigt sich mit Krachts Aufarbeitung kolonialer Diskursstrategien, denn schon frühere Romane Krachts1 haben sich mit postkolonialen Theorien, mit dem Empire, also der Hegemonie der westlichen Zivilisationen und deren Auswirkungen, beschäftigt. Die Texte dieses Reiseberichterstatters und kosmopolitischen Ästhetizisten berichten oft über abstruse Phänomene
und skurrile Beobachtungen aus dem Zeitalter der Globalisierung. Ich untersuche, wie seine Darstellung einer geographischen Randzone, der Insel Kabakon in den deutschen Südseekolonien, und eines exzentrischen Grenzgängers, des Kokosnuss‐Apostels August Engelhardt, typisch für Krachts Werk ist und wie er sich mit dem Kolonialdiskurs und der Geschichtsschreibung auseinandersetzt. Kolonialromane waren besonders vor den Weltkriegen in Mode. Die Darstellung der Kolonie und ihrer Siedler wird mit derjenigen der Vorkriegstradition verglichen. Interessant erscheint mir, wie der Autor an den Kolonialdiskurs anknüpft, beziehungsweise diesen dekonstruiert. Ein Vergleich mit dem Siedlerbild bei Hans Grimm bietet sich da an, aber auch Engelhardts eigene Texte oder zeitgenössische Reiseberichte erweisen sich als aufschlussreich bei einer Diskursanalyse. Genau so wichtig für Krachts Beschäftigung mit dem Empire und für seine Ästhetik sind Einflüsse aus der Comic‐Literatur; Hugo Pratts Südseeballade und Hergés Tintin‐Serie werden als Inspirationsquellen für Imperium zu Vergleichen herangezogen. Was macht diesen ironischen Roman zu mehr als einem postmodernen Scherz? Zum einen ist es eine Auseinandersetzung mit deutscher (Geistes)‐Geschichte, aber auch mit dem aggressiven Imperialismus des Westens. Kracht benutzt historische Fakten und Persönlichkeiten; wo es aber
der Darstellung seiner ganz eigenen Geschichtsphilosophie nützlich erscheint, nimmt er sich die Freiheit des Romanciers heraus, zu erfinden, zu fabulieren, zu verschieben. Die Arbeit geht teilweise auf die Unterschiede zwischen Fiktion und Historie ein. Zum anderen gilt es wiederkehrende Themen in Krachts Werk zu beleuchten, so etwa die Kontinuität zwischen den
Gewalt generierenden Mechanismen von Ideologien und Imperien in der Vergangenheit und deren Weiterleben in der Gegenwart. Deshalb wird hier Krachts Anspielungen oder expliziten historischen Vergleichen nachgegangen.
Résultats
Die Analyse des Kolonialdiskurses verdeutlicht Krachts Geschichtsbild und seine kritische Auseinandersetzung mit dem Imperialismus Die Vorwürfe des Antisemitismus und der Verbreitung rechten Gedankengutes, die Georg Diez laut werden ließ, können entkräftet werden. Die Arbeit kann auch Kontinuitäten zwischen Imperium und den dystopischen Vorgängerwerken
aufweisen. Es lassen sich Parallelen zum dortigen Zweifel an Fortschritt und Aufklärung finden. Der Autor weist eine skeptische Weltsicht auf, in der sich Geschichte zu wiederholen scheint und in der Utopien scheitern müssen. Erzählt wird jedoch im ironisch‐heiteren Ton eines Thomas Mann oder Hermann Hesse.
Die Analyse von Imperium zeigt, dass Kracht die Mechanismen der globalen Konflikte parabelartig in einigen wenigen Personen an einem verloren wirkenden Flecken Paradies verortet und so auch die Krisenhaftigkeit unserer Zeit thematisiert.