Das jüngste Beispiel des Abgas-Skandals von Volkswagen demonstriert eingehend die Wichtigkeit einer professionellen und reaktiven Krisenkommunikation. Doch während dies
eine akute, individuelle Unternehmenskrise darstellt, bewegen wir uns seit den ersten Bankeneinbrüchen im Jahr 2008 in einem Kontinuum der Finanz- und Wirtschaftskrise. Sie
birgt ihre eigenen Herausforderungen für Vorstände, Belegschaften, aber auch für die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen. Denn fraglich bleibt: Ist die Krise eine
reale? Oder entwickelte sie, wie Altkanzler Helmut Schmidt kritisiert, eine Eigendynamik durch Medien und Meinungsbildner? Die Subjektivität von Wahrnehmungen und Interpretationen
ist längst keine konstruktivistische Nischenerkenntnis mehr, sondern sie schlägt sich messbar in Börsenbarometern, Auftragsbüchern und Beschäftigungszahlen nieder.
Welches Management hat folglich nicht nur passende Maßnahmen ergriffen, sondern auch passend kommuniziert? Wie definiert sich „gute Finanz- und Wirtschaftskommunikation“? Und unterliegt sie anderen Gesetzen im Bärenmarkt als im Bullenmarkt? Wie reagieren heterogene Anspruchsgruppen und ist demokratische Konsensbildung möglich, wenn es
um existenzielle Themen wie Beschäftigung und Löhne geht? Der Analyse dieser Aspekte wird zunächst eine Einführung in die Wirtschafts- und Finanzkrise vorangestellt, um
nochmals ihre Entstehungsbedingungen und Auswirkungen für die Kommunikation von Unternehmen zu umreißen (Kapitel 2).
Zielsetzung der nachfolgenden Reflexion ist es, die Krisenkommunikation aus wirtschaftsund sozialwissenschaftlicher Perspektive zu betrachten und Strategien und Leitlinien für
gute Kommunikation in der Krise aufzuzeigen. Dabei gilt auch den beiden Bereichen Investor Relations (Finanzkommunikation) und Employee Communication (Mitarbeiterkommunikation)
ein Augenmerk. Sie wurden in der Vergangenheit weitgehend von den Kommunikationswissenschaften vernachlässigt - zugunsten des Marketings und der Public Relations.
Doch gerade in Zeiten der Krise gilt es Investoren und Mitarbeiter als Ressourcen für den Wandel zu überzeugen. Sprache bleibt das zentrale Mittel dazu. Denn was für
viele Unternehmen die Kommunikation in der Krise darstellen sollte, wurde zur Krise ihrer Kommunikation. Gutes Texten – auf diesen Aspekt beschränkt sich die Arbeit – will gelernt
und bewusst ausgeführt sein. Die Arbeit stellt daher nicht nur Modelle und Theorien des Stakeholder-Managements vor: Sie weist per detaillierter Analyse realer Unternehmenspublikationen
erfolgreiche und kontraproduktive Textstrategien nach. Damit liefert sie Hinweise und Leitlinien für eine wertorientierte Kommunikation mit Anspruchsgruppen, in Krisen- wie in Normalzeiten.