Diese Arbeit hat sich mit der kulturellen und religiösen Diversität im Pflegealltag
beschäftigt und ist der Frage nachgegangen inwiefern sich Krankenpfleger
interkulturelle Kompetenzen in der Ausbildung und in anderen Lebensräumen
aneignen. Diese Arbeit lässt sich in den Kontext des Übergangs Ausbildung-Beruf
einordnen, da sie einerseits die Vorbereitung der Ausbildung auf den Beruf
hinterfragt, wie auch die Herausforderungen von Berufseinsteigern erforscht.
Mittlerweile haben 61% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund und somit
hat die besagte Diversität auch im Krankenhausalltag Einzug gefunden. Dadurch
rückt die Frage nach einer situationsgerechten und kultursensiblen Pflege
vermehrt in den Vordergrund. Im Kontextkapitel wurde ebenfalls dargelegt wie
Fragen der kulturellen und religiösen Diversität in der Pflege im Curriculum bzw.
in den Lehrplänen der Krankenpflegeausbildung eingegliedert sind, und welche
Kompetenzen im schulischen Kontext vermittelt werden.
Für die vorliegende Arbeit wurde ein qualitatives Forschungsdesign verwendet,
wobei 21 leitfadengestützte Interviews mit diplomierten Krankenpflegern, die
weniger als 5 Jahre Berufserfahrung haben, geführt wurden. Ein qualitativer
Ansatz ist am besten geeignet, um die Komplexität der subjektiven Erfahrungen
und Sinnzuschreibungen der Interviewkandidaten zu erfassen.
Diese Arbeit bettet sich in einen theoretischen Rahmen ein, der Kultur als einen
dynamischen Prozess betrachtet und die Multidimensionalität und Prozessualität
interkultureller Kompetenzen in den Vordergrund stellt.
Im analytischen Kapitel werden die Hauptherausforderungen beim Berufseinstieg
diskutiert. Es handelt sich dabei v.a. um die Kommunikation mit den Patienten
und deren Angehörigen, wie auch um die professionelle Verantwortung, die der
Übergang vom Status Schüler-Krankenpfleger mit sich bringt. Zum Thema
kulturelle und religiöse Diversität im Krankenhaus wurden fünf Hauptpunkte
herauskristallisiert. Zum einen ging es um die sprachlichen Barrieren und die
daraus resultierende mangelhafte Verständigung zwischen Patienten mit
Migrationshintergrund deren Angehörigen und den Pflegern. Zum anderen ging es
um unterschiedliche religiöse Bräuche, Gendernormen und Essgewohnheiten.
Letztere wurden weitgehend als unproblematisch empfunden. Der Umgang mit
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den Unterschieden kann als pragmatisch beschrieben werden. Etwas
problematischer hingegen wurden die unterschiedlichen Besuchergewohnheiten
erlebt, weil diese sowohl die Zimmernachbarn als auch die Arbeitsorganisation
stören.
Es wurden Bemühungen, Handlungsspielräume und Strategien des Personals im
Umgang mit kultureller und religiöser Diversität aufgezeigt. In diesem Kontext
wurde auch die institutionelle Dimension diskutiert, die von besonderer
Bedeutung ist, weil sie den Handlungsspielraum des Pflegepersonals definiert und
einschränkt. Somit kann kultursensible und situationsgerechte Pflege als ein
Zusammenspiel von individuellen Kompetenzen, institutionellen Vorgaben und
den kulturspezifischen Wünschen und Bedürfnissen der Pflegeempfänger
konzeptualisiert werden. Basierend auf der Interviewanalyse und dem
theoretischen Rahmen wurde ein pädagogischer Vorschlag skizziert, der für die
Vermittlung und Aneignung von interkulturellen Kompetenzen im schulischen
Kontext als geeignet scheint.